Ich musste mal eine neue Kategorie erstellen! Ich habe in letzter Zeit so oft über Religion geschrieben, dass es fast unumgänglich war. Ausserdem lese ich gerade das Manifest des evolutionären Humanismus, welches mich dazu motiviert hat mal im Netz nach allerlei religiösem Quatsch zu suchen. Statt Quatsch zu finden, habe ich einen Text aus dem Spiegel gefunden, den ich euch nicht vorenthalten möchte:
1. DU SOLLST NICHT GLAUBEN
Es gibt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine übernatürliche Macht. Die Last des Gegenbeweises liegt beim Gläubigen. Unerklärliche Phänomene sind kein Hinweis auf Wunder, sondern auf unzureichende Forschung.
Kein Krieg, kein Sterben eines Kindes sind jemals hinweg gebetet worden. Die Menge der täglichen Gebete steht zur Menge des täglichen Unrechts in direktem Verhältnis, nicht in umgekehrtem.
Gewiss, auch die Existenz Gottes ist nicht zu widerlegen. Ebenso wenig die von Einhörnern, Werwölfen oder Teekannen in der Umlaufbahn des Mars.
Atheismus ist keine Therapie gegen den Glauben, sondern nur die wiedergefundene geistige Gesundheit.
2. DU SOLLST DIR KEIN SELBSTBILDNIS MACHEN UND ES GOTT NENNEN
Gott ist ein Produkt der Menschen und nicht umgekehrt. Mag Religion auch so weit verbreitet sein wie Sex und Grippe. Das sagt nicht über ihren Wahrheitsgehalt aus. Visionäre religiöse Erfahrungen haben mehr mit Störungen der Hirnlappen zu tun als mit dem Jenseits.
Wir tun unvernünftige Dinge wie glauben oder lieben, weil unser Hirn ein Irrationalitätsmoment eingebaut haben. Glaube ist eine Art automatische Temposperre fürs Denken. Manche Denkmuster wie "Es gibt ein Leben nach dem Tod" sind wie Viren. Sie verbreiten sich und man kann sie nicht ausrotten. Nur vorsehen kann man sich.
Kein ungeschützter Verkehr mit Gläubigen - vorher Hirn einschalten!
3. DU SOLLST KEINE GÖTTER NEBEN DIR DULDEN
Die friedliche Koexistenz mit den Gläubigen ist vorbei. Die neuen Atheisten sind keine agnostischen Glaubensversteher. Seit der Fatwa gegen Salman Rushdie, seit der Erklärung des neuen Dschihad gegen die Moderne ist Schluss mit religiösem Multikulti: "Ich kann nicht sagen: Okay du träumst weiter von deinem verborgenen Schiiten-Imam, und ich studiere weiter Thomas Paine und George Orwell, die Welt ist groß genug für uns beide. Ein Wahrer Gläubiger kann nicht aufhören, bevor die ganze Welt das Knie beugt" (Hitchens)
4. DU SOLLST KEINEN SCHÖPFER HABEN
Die Theorie Darwins liefert eine schlüssige Erklärung, warum aus Chaos Ordnung wird. Es bedarf keines "Intelligenten Designers", um sich so etwas unwahrscheinliches wie eine Hummel auszudenken. Es bedarf nur vieler Jahrmillionen von Selektion und Mutation. Außerdem: Wer schuf eigentlich den Schöpfer? Die Entstehung von Etwas aus Nichts war einfach Glück. Vielleicht ist die Chance 1 : 1030072234. Aber es muss passiert sein, denn es gibt uns. Und daran besteht, trotz aller Pariser Philosophen, kein Zweifel.
5. DU SOLLST DEINE KINDER EHREN UND SIE DESHALB MIT GOTT IN FRIEDEN LASSEN
Kein Mensch ist von Geburt an Christ, Jude, Muslim oder Osho-Jünger, Wir werden dazu gemacht. Wer das Pech hat, in streng gläubige Familien hineingeboren zu werden, hat gute Chancen, sein Leben lang an die Süße des Märtyrertodes zu glauben, keine Knöpfe benutzen zu dürfen wie bei den Amish in Pennsylvania oder psychisch an den Beichtstuhl gekettet zu sein.
Die Neuen Atheisten fordern das Kinderrecht auf wissenschaftlich fundierten Religions-Aufklärungsunterricht. Sie sehen keinen wesentlichen Unterschied zwischen der Prügelstrafe, Missbrauch und den Schäden, der einer Kinderseele in Jesuitenschulen zugefügt wird.
6. SEI GUT AUCH OHNE GOTT
Ohne Gott ist Alles erlaubt ??? Unsinn, es gibt eine Ethik ohne Glauben. "Wir nehmen zumindest die Möglichkeit an, dass Leute besser und nicht schlechter miteinander umgehen, wenn sie die Tatsache ihres kurzen und mühseligen Lebens akzeptiert haben" (Hitchens). Gottesgläubige hatten gewiss ihren gerechten Anteil an den Massenmorden, Scheiterhaufen, an seelischen und sexuellen Verkrüppelungen.
Es gibt keine allgemein gültigen Normen jenseits von Kulturen und Zeiten.
Der Mensch ist Schöpfer und Herr der Normen.
7. DU SOLLST KEINE ANDEREN GÖTTER NEBEN DER WISSENSCHAFT HABEN
Wissen und Glauben sind wie Feuer und Wasser. Es gibt kein Gemeinsames. Der angebliche Glaube prominenter Wissenschaftler ist Selbsttäuschung und Begriffsverwirrung. Wenn unter "Gott" nur die so herrlich ineinander greifenden Gesetze des Universums verstanden werden, dann ist das für den Glauben sehr unbefriedigend: Man betet nicht zum Gesetz der Schwerkraft.
8. LIEBE DEINEN NÄCHSTEN OHNE SCHLECHTES GEWISSEN
Alle monotheistischen Religionen machen die Frau dem Manne untertan, den Körper einem asketischen Ideal, die Lust der Heuchelei. Hätten junge Muslime in Ägypten, Pakistan, Marokko ein entspannteres Verhältnis zu Sex, Drugs and Rock'n'Roll, bräuchte die Welt weniger Anti-Terrorgesetze.
9. DU SOLLST DEN SABBAT NICHT EHREN
Es darf keine Sonderrechte für religiöse Gruppen geben. Religiöse Gefühle sind nicht schützenswerter als ästhetische, politische oder moralische. Grausamkeiten und Dummheiten werden nicht unbedenklicher, nur weil sie mit dem Stempel "Religion" versehen werden.
Das Christentum ist als Religion nicht besser als der Islam oder das Judentum: "Solange wir das Prinzip akzeptieren, religiöser Glaube müsse als solcher respektiert werden, ist nicht einzusehen, weshalb wir keinen Respekt vor dem Glauben Osama Bin Ladens und den Selbsmordattentätern haben sollten." ( Dixit Dawkins)
10. DU SOLLST ALS SCHÖPFER NICHT KNIEN
Auch ohne Glauben lässt sich Demut empfinden gegenüber allem Schönen, Wahren, Guten. Mozarts "Zauberflöte" brauchte den Glauben so wenig, wie ihn Schiller, T.S. Eliot oder I.M. Pei brauchten. Und Shakespeare hätte "Hamlet" nicht geschrieben, wenn sein Auftraggeber die Kirche gewesen wäre. Beethoven und Bach sind keine Beweise für die Existenz Gottes, sie beweisen nur die Existenz von Beethoven und Bach.
(Spiegel Ausgabe 22 /07)
Dienstag, 17. Februar 2009
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